„Wenn Kunden die gestiegenen Preis sehen, sind die häufig baff.“

Semih verkauft Zigaretten, Zeitschriften und Süßigkeiten in einem Kiosk in der U-Bahn-Unterführung. Wie hat die Inflationen seinen Job verändert?  

„Einsteigen bitte!“, ertönt es über die Lautsprecher. Die U-Bahn setzt sich quietschend in Bewegung und verschwindet kurz darauf, von einem starken Luftzug begleitet, im dunklen Tunnel. Die ausgestiegenen Menschen laufen die Stufen zum Ausgang empor und durchqueren eine kleine Halle mit verschiedenen Ständen. Hinter dem Tresen eines rustikalen Kiosks steht Semih, 24, ein sportlicher junger Mann mit breiten Schultern, einem gepflegten Vollbart und ordentlich zurückgekämmtem Haar.

Wenn Semih nicht im Kiosk arbeitet, studiert er öffentliche Verwaltung. Er macht Kraftsport, was man seiner kräftigen Statur ansieht. Ursprünglich kommt seine Familie aus der Türkei, er selbst ist aber in Berlin geboren und lebt auch schon immer hier. Der Kiosk gehört dem Vater eines Freundes. Semih arbeitet hier mehrere Schichten in der Woche, um sein Studium zu bezahlen.  

Vor dem Kiosk riecht es nach Holz und Tabak. Er ist etwa zwei Quadratmeter groß, das Verkaufsfenster dient gleichzeitig als Kasse, Ladentisch und Packstation. Wenn wieder eine U-Bahn eingetroffen ist, kommen ein paar Menschen vorbei. “Wenn die Kunden die gestiegenen Preise sehen, sind sie häufig baff”, sagt Semih. Gerade bei Zigaretten und Zeitungen seien die Preise gestiegen. “Dann gibt es schon einmal Ärger.” 

Auf Bundesebene ist die Inflationsrate auf 7,6 Prozent gestiegen. Berliner und Berlinerinnen müssen sogar 8,6 Prozent mehr für ihre Lebenshaltung ausgeben als vor einem Jahr. Semih sagt, der Kiosk habe schon in der Pandemie ungefähr ein Drittel weniger Umsatz gemacht. Sein Lohn ist zwar gleich geblieben, trotzdem will er seinen Arbeitgeber in schwierigen Zeiten unterstützen. Zum Beispiel berät er ihn, welche Getränke gerade bei Jugendlichen angesagt sind und wie man Werbung bei Instagram machen kann. Er wünscht sich, dass die Menschen in Berlin „die Locals unterstützen”, sodass ihr Geld in den Kassen von den ansässigen Restaurants und Geschäften landet.  

Quietschende Bremsen sind zu hören, als die nächste U-Bahn hält. Ein Schwall von Menschen rauscht vorbei an Semih, der einem anderen Angestellten im Kiosk hilft. Unten an den Schienen setzt sich die U-Bahn wieder in Bewegung und verschwindet im Tunnel.