Prosit, Prosit in Berlin

Regensburger Brauereibier statt Berliner Kindl. Wurst aus der ältesten Bratwurstküche Deutschlands statt Döner. Blaskapellenmusik statt wilder Techno. Otto Aufleger wirbt mitten in Berlin für seine Stadt in Ostbayern. 

Berlin, Wittenbergplatz. Durch das Gewusel drängen sich Menschen mit KaDeWe-Tüten. Es riecht nach Zigarettenrauch und Dönerfleisch. Und mittendrin sitzen Männer und Frauen in bayerischen Trachten. Kräftig pusten sie in ihre Posaunen. „Is this like Oktoberfest?“, schreit ein Tourist in den Lärm hinein.

Fast. In sieben kleinen Zeltchen feiert die bayerische Stadt Regensburg ihr Regensburg Festival. Aus einem der Stände prostet Otto Aufleger dem Bläserchor zu: „Bravo!“. Über seinem Kopf hängt ein blau-weiß kariertes Banner, darauf der Spruch: „O´zapft is“. Auch er trägt Traditionskleidung: smaragdgrüne Lederhose, strahlend-weißes Hemd, auf dem Kopf ein Hut und natürlich, einen großen Bierkrug in der Hand. Otto arbeitet seit Jahren für die Regensburger Tourismus GmbH. Eigentlich in Regensburg, vom 2. bis zum 4. August aber auch in Berlin. Mit breitem Lächeln und noch breiterem bayerischen Dialekt schwärmt er von Regensburgs Charme: UNESCO-Kulturerbe, nachhaltiger Tourismus, barrierefreie Einrichtungen.

„Unsere Hotels müssen gefüllt werden. Und dafür sind wir da…” Er wird unterbrochen durch ein erneutes Anstimmen der Posaunen. Im Fünf-Minuten-Rhythmus schallen an diesem Tag Melodien durch Berlins Straßen, die man sonst aus dem Bierzelt kennt: „Einen Prosit, einen Prosit auf die Gemütlichkeit”, trällert Otto. Der Wittenbergplatz wirkt plötzlich wie eine bayerische Insel mitten in Berlin: Bratwurst im Semmeln, Regensburger Fassbier und Sauerkraut. „Wir bedienen absichtlich die Klischees, das funktioniert.”

Doch trotz des erfolgreichen Klischee-Marketings: Regensburgs Tourismus habe, wie fast überall, die Coronapandemie gespürt. Nun hieße es erneut: Durchstarten für die Stadt Regensburg, und das vor allem im „Hauptquellenmarkt Deutschland“, wie er ihn nennt. 80 Prozent ihrer Gäste seien Otto zufolge deutsch. Und wo kann man national besser werben als in Deutschlands Hauptstadt Berlin? „Wir hatten auch Hamburg als Location im Blick, doch Berlin hat schlichtweg gepasst. Hier ist immer Traffic.”

Auf den orangefarbenen Bierbänken sitzen Menschen verschiedensten Alters. Kaum ein Platz ist leer. Beherzt beißen sie in ein Wurstbrötchen, nehmen einen Schluck aus ihrem Regensburger Bierkrug und lauschen den Posaunenklängen. Sicher, es kämen auch viele Berliner, meint Otto. Dann fügt er jedoch hinzu: „Das kann man jetzt negativ auslegen, aber…”, er zögert etwas, „…wir sind wegen der Touris hier.” Genauer: kulturinteressierte Touristen aus Deutschland, denen Nachhaltigkeit wichtig ist.

Otto und seine Tourismus-Crew verfolgen das Konzept des „Slow Tourism”: Innehalten und bewusst reisen statt Hektik und Massentourismus. „Berlin ist schnelllebig, wir nehmen uns Zeit.” Genug Zeit, um beim nächsten Prosit wieder munter miteinzustimmen.

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