Musik ist meine Leidenschaft!
Ein leidenschaftlicher Musiker verkauft selbstgebaute Flöten. Aber er kämpft mit immer weniger Kundschaft.
Ein voller Markt auf dem Boxhagener Platz in Berlin: Stimmengewirr in verschiedenen Sprachen, Menschen, die in unterschiedliche Richtungen strömen. Versteckt in einer Ecke, zwischen Kunst- und Essensständen, befindet sich der Stand des 60-jährigen Franzisco Carrion. Carrion, braunes Hemd, Ketten um den Hals, schwarzgraue Haare, beobachtet die vorbeilaufenden Menschen. In seiner Hand hält er zwei unterschiedlich große Holzröhren, um die er eine rote Schnur wickelt. Vor ihm auf dem Tisch liegen 19 Flöten: verschiedene Dicken, Längen, Farben. Geschmückt wird der Stand durch ein großes hölzernes Schild: Auf leicht bläulichem Hintergrund ist die Aufschrift „Xirapa“ zu lesen. Der Stand fällt auf. Trotzdem laufen die meisten Passanten vorbei.
Carrion stammt aus Peru, wo er Musik studiert hat. Seit zehn Jahren ist er nun in Deutschland. Angefangen hat er mit Reparaturen an seiner eigenen Flöte. Heute baut er die hölzernen Blasinstrumente komplett selbst. Leidenschaftlich berichtet er von den verschiedenen Materialien, die er verwendet. Seine Kreationen stellt er etwa aus verschiedenen Holzarten her. Mal nutzt er vietnamesischen Bambus, mal einfach das Holz aus Berliner Baumärkten oder heimischen Wäldern. Auch die Reste, die beim Flötenbauen entstehen, nutzt er weiter. Aus diesen bastelt er Ketten. Das Hauptangebot des Standes sind allerdings die Flöten, die Carrion auch weiterhin verkaufen möchte. Doch wie erfolgreich ist er damit?
Zumindest heute bleibt kaum ein Marktbesucher am Flötenstand stehen. Einmal hält eine Familie kurz an. Carrion beobachtet sie, ohne sich aufzudrängen. Der Vater verstaut etwas in seinem Rucksack, die Mutter und die drei Kinder betrachten die Flöten. Doch dann geht die Familie weiter. Gekauft haben sie nichts.
Angefangen hat Carrion mit dem Stand vor ungefähr drei Jahren. Sein Antrieb war seine Liebe zur Musik. „Musik ist meine Leidenschaft“, sagt er. Über seine Webseite teilt er diese Begeisterung: Auf xirapa.net sammelt er Bilder von seinen Instrumenten und Informationen zu seinen Materialien. Doch dies reicht nicht mehr aus, um Kunden anzulocken. Für Carrion und seine Flöten gibt es immer mehr Hürden.
Es sei schwer, Kunden auf dem Markt zu finden, teilt er mit. Ein Großteil der Marktbesucher sei auf der Suche nach Essen oder Schmuck – Angebote, die es ohnehin reichlich gibt. Noch dazu seien immer weniger Leute bereit, ein Instrument zu erlernen. Flöte zu spielen, das bedeute nun mal Aufwand. Carrion beobachtet: Die Kreativität der Menschen gehe langsam verloren und immer weniger Leute seien bereit, selbst Musik zu machen. Das liege auch an Musik-Streaming-Anbietern: „Es ist alles zu viel“, sagt er. Auf Knopfdruck eine so große Menge an Musik zur Verfügung zu haben? Das sieht Carrion kritisch.
Doch trotz dieser Herausforderungen verliert er nicht den Glauben an die Musik – und an die Zukunft seines Flötenbaubetriebs. Er wünscht sich, dass wieder mehr Personen Instrumente kaufen und spielen. Selbst wenn der Verkauf der Flöten irgendwann gar nicht mehr läuft, ist für Carrion klar: Egal, was er dann mache, hauptsache, es habe mit Musik zu tun.