Mode für alle
Enger Bund, wenig Stoff, kleine Größen – so sieht das Angebot in der Mode seit Jahrzehnten aus. Der Bonner „Curvy Curves Basar“ will genau das ändern und kämpft für mehr Repräsentation in der Mode. Mit Erfolg?
Bunte Jacken, Blusen und Mäntel hängen an Kleiderstangen. Laute Gespräche sind in allen Ecken des großen Raums zu hören. Es wird gehandelt und gefeilscht. Aus der Gemeindeküche steigt Kaffeegeruch. Runde Lampen hängen in großer Zahl von der hölzernen Decke und beleuchten die Stände auf dem Curvy Curves Basar in Bonn. Dabei ist der Basar kein gewöhnlicher Flohmarkt: Hier gibt es nur Kleidung ab Größe 44.
„Uns ist aufgefallen, dass sich Menschen mit Übergewicht in kleinen Kreisen wohler fühlen“, erklärt Melanie Mücke, Organisatorin des Curvy Curves Basar, das Konzept dahinter, „hier schämt sich keiner dafür!“ Immer wieder bekäme sie von Kundinnen gesagt, wie toll das Ganze sei. Mücke wünscht sich, dass es auch in den Modegeschäften in den Innenstädten mehr Angebot an großen Größen gibt. Eine Kollegin stimmt ihr zu, viele Läden hätten inzwischen aber die Große-Größen-Abteilungen ganz abgeschafft. „Ab und zu denke ich mir aber schon: Es gibt super viele Schnitte, die man auch größer schneidern kann!“, sagt Melanie und nimmt eine Reihe an leeren Kleiderbügeln von der Stange. Eine neue Interessentin ist an der Reihe. Die beiden kennen sich bereits von einem anderen Flohmarkt. Die Kundin fragt nach dem nächsten Termin für den Basar. ,,Frühestens nächstes Jahr im Herbst“, sagt Mücke und seufzt, „,es sei denn, wir finden noch einen anderen Treffpunkt.“
Eine ältere Dame mit kurzen, lockigen Haaren zieht einen Bügel mit lilafarbenem Ballkleid von der Stange. „Gibt es hier eine Umkleide?“, fragt sie und schaut mit hochgezogenen Augenbrauen zu Melanie Mücke. „Ja, direkt dort drüben!“, sagt Mücke und zeigt zu einer gegenüberliegenden Tür. Die Frau nickt lächelnd und läuft mit dem Kleid in der Hand los.
An den 15 Basar-Ständen im Lukaskirchengemeindeforum Auerberg drängen sich an diesem Vormittag die Kunden nur so aneinander. Auf einem Tisch stehen selbstgemachte Seifen, dahinter hängen Taschen, die wie Eulen aussehen. Daneben stehen gestapelte Stühle und ein Klavier – für den Gottesdienst in der kommenden Woche. Hinter einem anderen Stand hängt ein schwarzes Paillettenkleid an einem Bücherregal.
Ursprünglich habe den Basar jemand anderes gestartet, erzählt Mücke, die im Hauptberuf als Immobilienverwalterin arbeitet. Ihre Augen sind auf eine Kundin gerichtet, die mit einem Kind an einen Verkaufsstand herantritt. ,,Ich habe die Gründerin des Flohmarkts beim ersten Treff kennengelernt“, sagt sie, „direkt nah dem zweiten Mal habe ich den Curvy Curves Basar übernommen.“ Sie steht auf und gibt der Frau Wechselgeld in die Hand. Am meisten Spaß mache ihr aber nicht das Verkaufen, sondern das Kuchenbacken für den Basar, sagt Mücke. Zwinkernd dreht sich die 43-Jährige zu Ihrer Kollegin und Mitorganisatorin Nadine um. „Jede, die hier einen Stand hat, muss auch einen Kuchen zum Verkauf mitbringen“, sagt Mücke. Die Einnahmen durch die Standgebühr und den Kuchenverkauf gehen an das gemeinnützige Jugendzentrum Auerberg, um dort Spiele und Ausflüge zu finanzieren.
Die ältere Dame von eben kommt lächelnd mit dem lilafarbenem Kleid zurück: ,,Für meine Enkelin zahle ich es“, sagt die Dame, „darf ich handeln?“ Melanie Mückes Mundwinkel bewegen sich nach oben. „Kommt drauf an“, antwortet sie schmunzelnd. Die Dame hebt das Kleid hoch und schaut es noch einmal von oben bis unten an. ,,22, 23 Euro?“, fragt sie. Mücke nickt, zückt ihr Portemonnaie und nimmt das Geld entgegen. Der Verkauf ist abgeschlossen, doch die ältere Dame bleibt stehen. ,,Am wichtigsten ist es, dass man sich so liebt, wie man ist“, sagt sie und guckt Mücke und ihre Kollegin hinter dem Stand lange an, ,,und wenn einer mich nicht hübsch findet, soll er woanders hingucken!“ Alle drei beginnen zu lachen.