Fleischerhandwerk vor dem Aus?
Immer mehr Metzgereien müssen schließen. Die Kosten steigen, das Personal wird knapper. Wie kämpft die Kölner Traditionsmetzgerei Eckart gegen diese Herausforderungen an?
Im grellen, weißen Licht seines Ladens steht Metzger Werner Eckart und witzelt mit einem Stammkunden. Dieser steht neben einer jungen Frau mit Kinderwagen und reckt seinen Kopf über die Theke. Neugierig schaut er auf das Sortiment. Die Auslage gleicht einer rosaroten Farbpalette: Hausschinken, Römerbraten, Kümmelsülze. Etliche Schildchen, fein säuberlich von Hand beschriftet, ragen aus den Fleischwaren.
Seit 50 Jahren gibt es die Metzgerei Eckart in Köln-Lindenthal schon. Vor Ort stellen rund 20 Mitarbeiter die Fleischwaren selbst her und verkaufen sie. Seit 2002 hat sich die Zahl der Metzgereien in Deutschland allerdings halbiert. Vielen Betrieben fehlt das Personal. Noch dazu essen immer weniger Menschen Fleisch. Und die Inflation treibt mehr und mehr Kunden in die günstigeren Supermärkte. Doch die Metzgerei Eckart scheint zu laufen. Woran liegt das?
Im Hinterzimmer erzählt Eckart, 59, Metzgermeister in fünfter Generation, vom Wandel seines Betriebs. Seit etwa sechs Jahren liegt der Fokus etwa auf Nachhaltigkeit. „Wir achten vor allem auf die Haltung der Tiere“, sagt Eckart, „wenn die Tiere vor dem Schlachten Stress erlebt haben, beeinflusst das auch die Fleischqualität“. Dann werde etwa die Konsistenz zäher. Ausschlaggebend für die Umstellung auf nachhaltige Produktion seien vor allem gesellschaftliche Entwicklungen gewesen, wie etwa ein größeres Verbraucherbewusstsein beim Kunden. Ihnen sei artgerechte Haltung und stressfreie Schlachtung wichtiger als früher. Zudem gebe es harte preisliche Konkurrenz durch die Supermärkte. „Teilweise war das Endprodukt im Supermarkt schon so billig wie unser Einkaufspreis“, erklärt Eckart. Da brauche man ein Alleinstellungsmerkmal: Individualität. Das Angebot sei deshalb nicht nur nachhaltig, sondern auch saisonal abgestimmt. „Zur Spargelzeit läuft Kochschinken gut“, erklärt Eckart. Zudem bietet die Metzgerei inzwischen einen Cateringservice an – inklusive vegetarischer Speisen: „Das ist ein Teil, der mir erlaubt, noch Metzger zu sein“ , sagt Eckart.
Eckart läuft durch die Verarbeitungsräume seiner Fleischerei. Zwischen stählernen Fleischwölfen und silbernen Arbeitsplatten liegt ein Wasserschlauch. Eine Auszubildende spritzt damit die Fliesen ab. Dass der Betrieb überhaupt noch Lehrlinge beschäftigen kann, ist hierzulande fast schon eine Seltenheit. Betrachtet man den Deutschland-Trend zeigt sich: Rund 40 Prozent der Ausbildungsplätze in Fleischereien blieben 2024 laut dem Bundesinstitut für Berufsbildung unbesetzt. Familie Eckart greift daher zunehmend auf ausländische Arbeitskräfte zurück. Etwa 80 Prozent ihrer Auszubildenen haben mittlerweile einen Migrationshintergrund und lernen erst im Betrieb fließend Deutsch. Die Handwerkskammer Köln zeichnete die Metzgerei deshalb für ihr soziales Engagement aus. Marokko, Ukraine, Polen und Tunesien –in der Metzgerei Eckart lernen Menschen aus mehrere Nationen. „Wir rekrutieren die Leute von überall her“, sagt der Metzgermeister schmunzelnd. Aus Deutschland bewerbe sich halt keiner. Auch seine eigenen Kinder wollen keine Metzger werden. Vielleicht verkaufe er den Betrieb eines Tages, sagt Eckart. Aber bis dahin steht er weiter im Laden, begrüßt freundschaftlich seine Kunden, reicht die sorgsam verpackten Fleischwaren über die Theke. So wie seine Vorfahren die letzten Jahrzehnte über.