Ein Safe-Space in regenbogenbunt
Die queere Buchhandlung Prinz Eisenherz will mehr bieten als nur Literatur.
Laute Plakate, auffällige Pride-Flaggen, erotische Kunstwerke. Das kleine Geschäft in Schöneberg sieht nicht unbedingt aus wie ein typischer Buchladen. Im Hinterraum des Geschäfts versteckt sich eine Galerie: Dort hängen Zeichnungen, meist zeigen sie Männer in einem gewalttätigen Umfeld, beinahe martialisch. Vorne, im verwinkelten Verkaufsraum füllen bunte Buchdeckel die deckenhohen Regale. Hier erstreckt sich eine diverse Auswahl an queeren Ratgebern, Belletristik, Sachbüchern, Biografien, Comics, Erotikliteratur – auf Deutsch, Englisch und anderen Sprachen. Hinter dem Tresen steht Nancy Schmolt und dreht ihren Kopf hinter dem Computer hervor. Der Kunde davor sagt: „Das übliche.“
Die Buchhandlung „Prinz Eisenherz“ will sein wie ein „bunter Regenschirm an einem verregneten Tag“: ein sicherer Ort in einer unsicheren Welt. 1978 als erster queerer Buchladen Deutschlands gegründet, bietet der Laden bis heute ausschließlich LGBTQ+-Literatur an. Damit positioniert er sich als klarer Gegenpol zur rückschrittlichen, queerfeindlichen Bewegung, die auch hierzulande zunimmt. 2024 teilte das Bundeskriminalamt mit, dass die Straftaten gegen queere Menschen im Vergleich zum Vorjahr stark angestiegen waren – um etwa 50 Prozent. Auch in Berlin kommt es immer wieder zu queerfeindlichen Vorfällen, selbst im Berliner Kiez Schöneberg. Schöneberg – das ist die Heimat der Buchhandlung „Prinz Eisenherz“ und eigentlich bekannt als weitestgehend queerfreundliches, diskriminierungsfreies Viertel. Umso deutlicher will „Prinz Eisenherz“ ein Zeichen setzen: Der Laden hat große, festverschraubte LGBTQ+-Flaggen an der Hausfassade, der Regenbogenschriftzug „queer“ ziert die Wand, und es gibt ein breites Warenangebot, das alle Nischen großflächig bedient.
Heute steht Nancy Schmolt als Verkäuferin im Laden. Schmolt, schmal, rotes Shirt, Haare im Zopf, ist eine offene lesbische Frau mittleren Alters und bei „Prinz Eisenherz“ seit 19 Jahren tätig. Erst war sie Auszubildende, heute ist sie neben dem Verkauf auch für Grafik und Buchhaltung zuständig.
Da tritt ein Kunde ein. Er wartet geduldig, bis Nancy Zeit für ihn hat. Er lehnt sich leicht nach vorne auf den Kassentresen und überkreuzt seine Beine. Er trägt eine blaue, verwaschene, weite Jeans. In einer seiner Gürtelschlaufen hängt ein metallener Karabiner mit einem Schlüssel daran. Die Gesprächsatmosphäre zwischen ihm und Nancy wirkt vertraut.
Auch der nächste Kunde ist hier im Laden kein Unbekannter. Er holt wie so oft unter seinem Namen bestellte Bücher ab. Und er hat noch einen Wunsch: Seine Bücher sollen bitte als Geschenk verpackt werden. Nancy packt die bestellten Bücher akribisch ein. Währenddessen schaut sich der Mann noch einmal im Geschäft um.
„Prinz Eisenherz“ will mehr sein als nur ein Buchladen. „Prinz Eisenherz“ ist ein Zufluchtsort, an dem sich alle Menschen – egal welcher sexuellen Orientierung oder Identität – frei entfalten können und sich nicht verstecken müssen. Neben Literatur bietet der Laden auch ein kulturelles Angebot an: Workshops, Lesungen, Vorträge. In der Vergangenheit hat es hier im Kiez schon öfter Angriffe gegen queere Menschen gegeben, erst dieses Jahr soll es vor einem Schwulen-Szenelokal in der Gegend zu einem Übergriff auf einen Gast gekommen sein. Umso wichtiger, dass die Buchhandlung „Prinz Eisenherz“ die Regenbogenfahnen weiterhin hisst – und ein sicherer Hafen bleibt.