Kurztrip in ein anderes Universum

Als kleiner Junge hat er hier nach der Schule seine Pokémon-Karten gekauft. Heute arbeitet Florian Fredrixen selbst im Comicladen seiner Kindheit. Das Geschäft läuft – trotz Inflation und Digitalisierung. Wie macht der Laden das? 

Von außen ist der Laden unscheinbar. Zwischen einem Friseursalon und einem Bürogebäude liegend grenzt er sich nur durch die bunte Schaufensterbeschriftung ab. Zunächst lässt sich die Masse an Comics nur erahnen, die sich hinter der schweren Eingangstür verbirgt. Aber im Inneren des Ladens riecht es sofort nach alten Büchern. Die Regale sind von oben bis unten mit kunterbunten Superheldencomics gefüllt. Menschen schieben sich an ihnen vorbei, bleiben stehen, lesen. In allen Ecken raschelt es: Das Geräusch von zaghaft umgeblätterten, feinen Comicseiten. Viele Kunden sind überraschend jung: ein paar Teenager, viele Jungs im Grundschulalter. 

Florian Fredrixen kann die Faszination der Kinder für die Comics gut nachvollziehen. „Als ich sechs oder sieben Jahre alt war, da habe ich mir hier im Laden immer Pokémon-Karten geholt“, sagt der 32-Jährige, „wenn ich die mega seltene Glitzerkarte ergattern konnte, standen die anderen Kids im Kreis um mich herum und haben große Augen gemacht.“ Bei dieser Erinnerung lächelt er. Fredrixen, groß gewachsen, braune, hoch gegelte Haare, schwarze Brille auf der Nase, jobbt als Verkäufer in dem Comicladen. Früher hat er mal Jura studiert, dann aber abgebrochen. Heute ist er für Mediendesign an der Universität eingeschrieben und arbeitet nebenbei im „Bonner COMIC Laden“. Das Geschäft gibt es schon seit den 1980er Jahren. Seitdem hat sich vieles verändert: das Internet, die Digitalisierung, Social Media. Trotzdem ist der Laden auch heute noch mehr als beliebt. 

Hinter den Regalen ist leises Gemurmel zu hören. Der Laden erstreckt sich über einen Anbau nach hinten und mithilfe einer engen Wendeltreppe lässt sich auch das Obergeschoss erreichen. Hier ist jeder Zentimeter der Wand von Regalen mit verschiedensten Comics besetzt: Micky Maus, Captain America, Bob Morane – Abenteuergeschichten bis zur Decke. Im hinteren Teil des Ladens reiht sich eine Manga-Serie an die nächste. Filmposter etlicher Superhelden-Klassiker stehen herum. 

Aber kommen in Zeiten von TikTok und E-Books diese altmodischen Plakate und Comics, gedruckt auf Papier, überhaupt noch bei jungen Menschen an? Fredrixen macht sich keine Sorgen: „Gerade Mangas sind immer noch super beliebt – vor allem bei Teenagern.“ Er zögert keine Sekunde, als er sagt: „Die Leute, die wirklich Interesse haben an Popkultur und Kreativität, die lesen halt auch einfach. Das ist komplett unabhängig von Alter oder Generation. Das Interesse ist immer da.“ Er räumt jedoch auch ein, dass der Laden auch deshalb so erfolgreich ist, weil er mit der Zeit geht – inzwischen gibt es etwa einen Online-Shop. Viele Kunden bestellen ihre Lieblings-Comics vorab im Internet, bevor sie diese bei Florian Fredrixen im Laden abholen. 

Während er den Blick über eine der reichlich bestückten Manga-Wände schweifen lässt, drückt sich ein kleiner Junge an ihm vorbei. Er grinst breit. Mit einem neuen Comic unter dem Arm macht er sich auf den Weg zu Florians Mitarbeiterin, die hinter der Kasse bereits auf ihn wartet.  „In unserem Laden können die Leute mit Comics einfach mal von der Realität entfliehen“, sagt Fredrixen, „hier können die Menschen einen Fuß in andere Universen reinstellen!“

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