Die Samenhändlerin
Weniger Laufkundschaft, fehlendes Personal, steigende Preise – Sylvia Schmitz‘ Samenhandlung steht vor so mancher Herausforderung. Kann sie sich wehren?
Der Regen klatscht gegen das Fenster, dunkle Wolken hängen über der Stadt. Nur die Samenhandlung ist hell erleuchtet. Der Duft von frischem Lavendel, Oleander, rosafarbenen Petunien, Rosen, Nelken und lila blühenden Chrysanthemen lädt zum Verweilen ein. Eine Kundin betritt das Geschäft mit zwei kleinen Rosenpflanzen. Die Frau und Ladeninhaberin Sylvia Schmitz tauschen ein Lächeln aus. „Stellen Sie die Rosen vorerst noch als Topfpflanze in den Innenraum“, rät Schmitz, „später können Sie diese dann auch gut draußen einpflanzen.“ Die Kundin nimmt die Tipps dankend an und verlässt den Laden beschwingt.
Doch so rosig sieht es in Schmitz‘ Samenhandlung nicht immer aus. Nicht alle Kunden sind etwa entscheidungsfreudig und brauchen oft lange, um eine Auswahl zu treffen. „Ich merke sehr deutlich, dass die Leute beim Kauf zurückhaltender geworden sind“, sagt Schmitz, „sie sind sogar noch zögerlicher als letztes Jahr. Wo früher noch locker mal etwas mitgenommen wurde, da wird heute überlegt.“ Durch die Inflation hätten ihre Kunden heute weniger Geld in der Tasche als früher. Doch das ist nicht das einzige Problem von Sylvia Schmitz. Auch den Fachkräftemangel spürt sie inzwischen deutlich. „Wir haben die Öffnungszeiten schon verkürzt, auch weil es manchmal personaltechnisch gar nicht anders möglich ist“, sagt sie. Überhaupt komme weniger Laufkundschaft in den Laden als früher. Das könnte auch an der aktuellen Verkehrssituation in Bonn liegen, vermutet Schmitz: Viele Baustellen, fehlender Parkraum und steigende Parkgebühren – viele Kunden würden dadurch eher zu umliegenden Baumärkten fahren als in Schmitz‘ Samenladen im Zentrum. Die Inhaberin beobachtet zudem h ein „generelles Sterben vieler Geschäfte“ in der Bonner Innenstadt. Die Corona-Pandemie habe vielen Läden hart zugesetzt. Einige mussten schließen. Dadurch sei das Kaufangebot ärmer geworden, die Innenstadt verliere an Attraktivität.
Aber Samenhändlerin Schmitz hat einen Lösungsvorschlag: „Es müssten wieder ein paar interessante Geschäfte dazukommen, gerne auch in der Gastronomie. Es sollten Geschäfte sein, die die Leute anziehen und die es vielleicht auch nicht an jeder Ecke gibt. Das wäre ein guter Mix.“ Die Samenhandlung ist so ein außergewöhnliches Geschäft. „Wir sind eines der letzten Samenfachgeschäfte hier in Bonn. Viele andere außer uns gibt es nicht mehr. Leider! “, sagt Sylvia Schmitz seufzend. Sie führt das Geschäft heute in vierter Generation. „Wir sind schon fast 100 Jahre hier“, sagt die Bonnerin. Sie hat viele und unterschiedliche Stammkunden: Stadtgärtner, ältere Menschen, aber auch Studenten. Sie alle schätzen das breite Sortiment, das saisonal angepasst wird. Aktuell umfasst es Tütchen mit verschiedenen Samen, Dünger, Erde in kleinen Mengen, einige Garten-Dekoartikel und Häuschen für Vögel. Blumenknollen und -zwiebeln dürfen auch nicht fehlen. Darüber hinaus gibt es bei Schmitz Stauden, Beet- und Gartenpflanzen wie etwa Erdbeeren und Tomaten, aber auch Zimmerpflanzen. Ein bunter Mix also, von dem sich die Samenhändlerin Schmitz erhofft, das Geschäft noch lange am Laufen halten zu können.