„Bücher haben oft auch einen sentimentalen Wert“
Bianca arbeitet beim Berliner Büchertisch, einem Verein, der gespendeten Büchern ein neues Leben gibt. Ihre Motivation: Die Liebe zum Lesen an junge Menschen weitergeben.
Der Geruch von Papier erfüllt die Luft. Eine alte Dame zieht ein Buch aus dem Regal, bald darauf ist das Rascheln der Seiten zu hören. Ein paar Stufen aus Holz führen nach oben in einen weiteren Raum. Auch dort sehen sich Menschen um und stöbern in den Regalen voller gebrauchter Romane und Sachbücher. An der Kasse sitzt Bianca Brehme hinter einer Scheibe aus Plexiglas.
Die 28-Jährige kommt ursprünglich aus Gera in Thüringen und lebt seit zehn Jahren in Berlin. Bianca hat Deutsche Literatur und Philosophie studiert. Sie macht seit Anfang 2020 beim Berliner Büchertisch mit – einem Verein, der Buchspenden einsammelt und sie an Schulen, Kitas und weitere Einrichtungen weitergibt. Einen Teil der Bücher verkauft die Organisation in einem Laden in Berlin-Kreuzberg, in dem auch Bianca arbeitet. Sie hat den Berliner Büchertisch durch ein Praktikum kennengelernt. Danach war sie eineinhalb Jahre für den Onlineshop des Berliner Büchertisches in der Neuköllner Geschäftsstelle zuständig. Seit Anfang dieses Jahres liegt der Bereich Sachbücher des Ladens in Kreuzberg in ihrer Verantwortung.
Bianca trägt eine schwarze Hose aus Stoff, eine schwarze Bluse und darunter ein Top mit einem Katzenaufdruck. Ihre braunen Haare hat sie hochgebunden und um den Hals trägt sie eine Kette. Beim Berliner Büchertisch ist ihre Hauptaufgabe, das Sortiment für den Laden aus den Spenden auszuwählen. Dabei kommt es darauf an, dass die Bücher in einem guten Zustand sind – und ein Thema haben, das gerade nachgefragt ist. “Die Arbeit macht mir Spaß”, sagt Bianca. Denn dadurch bekomme sie neuen Input und die Möglichkeit, gebrauchten Büchern ein zweites Leben zu schenken. Sie engagiert sich auch im Vereinsvorstand des Büchertisches.
Auch in ihrer Freizeit liest Bianca gern – am liebsten auf Papier. Sie sieht die Vorteile der E-Books, denkt aber nicht, dass klassische Bücher verschwinden werden. “Sie haben oft auch einen sentimentalen Wert”, sagt sie. Diese Liebe zum Lesen möchte sie mithilfe der Projekte des Büchertisches an benachteiligte Kinder und Jugendliche weitergeben. Neuköllner Kinder stellen zum Beispiel in zwölf Porträts ihre Lesegewohnheiten vor und ab Herbst 2022 ermöglicht das Projekt “Zeit für Superheld*innen” den Kindern ihre Ideen für den Stadtteil umzusetzen. Es gibt generationsübergreifende Lesetreffen und im Geschäft des Berliner Büchertisches dürfen sich Kinder und Jugendliche regelmäßig ein Buch aussuchen und als Geschenk mitnehmen. Die Projekte kommen gut an – bei Kindern, aber auch bei Menschen, die Bücher spenden: Im Jahr 2021 wurden ca. 23000 Bücher gespendet, das sind 7000 mehr als im Vorjahr.