Geschenke nein, Kaffee ja

Nachhaltiger Kaffee und T-Shirts aus Biobaumwolle: Das sind die Produkte eines Berliner Weltladens. Hat das Geschäft Zukunft?

Claudia Strauß, 66, reißt gemeinsam mit einer Kollegin Streifen vom Malerband herunter. Dann befestigen sie Abdeckpapier auf dem Boden. Heute wollen sie den Türeingang orange streichen. In der gleichen knalligen Farbe wie der Schriftzug über der Tür. “Weltladen” steht da. Vor einem Jahr ist der Laden in die Danziger Straße im Prenzlauer Berg umgezogen. Und die Mitarbeiterinnen renovieren bis heute Schritt für Schritt.

Hier kann man fair gehandelte Produkte kaufen: Sneakers aus Biobaumwolle, vegane Bolognese, Fußbälle, die auf Schadstofffreiheit getestet werden. Gemeinsam mit ihrer Kollegin ist Strauß im Vorstand dieses genossenschaftlich organisierten Weltladens. Strauß ist in Rente, arbeitet hier aber 15 Stunden in der Woche. Dazu zählt: Kundinnen und Kunden beraten, kassieren, Newsletter schreiben.

Der Laden läuft, doch Strauß macht sich zunehmend Sorgen um das Geschäft, vor allem wegen der Inflation. Strauß bemerke, dass Kundinnen und Kunden weniger spontan einkaufen und  außer an Weihnachten weniger Geld für Geschenke ausgeben. Und auch Wissenschaftlerinnen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle zeigen in einer Studie von 2023, dass die Sorge vor Inflation einen negativen Einfluss auf die Kaufbereitschaft der Menschen hat – insbesondere auf den von Bio-Produkten, wie sie im Weltladen angeboten werden. Das bemerkt auch Strauß. Nur fair produzierten Kaffee würden die Kundinnen und Kunden trotz der gestiegenen Preise weiterhin bereitwillig kaufen. Die meisten zeigten Verständnis, denn die Kaffeepreise sind überall stark gestiegen: Im April 2025 etwa war laut dem Statistischen Bundesamt Bohnenkaffee um mehr als zwölf Prozent teurer als noch im Jahr zuvor.

Während Strauß über die Herausforderungen des Weltladens spricht, sitzt sie vor dem Schaufenster des Geschäfts auf einem Hocker. Sie ist zurückgelehnt, hat die Beine ausgestreckt und überschlagen. „Wir kommen mit den Kosten hin“, sagt sie, auch wenn die Miet- und Energiekosten inzwischen eine Menge Geld fressen würden. Das Konzept des Ladens gehe ohne die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen nicht auf, sagt Strauß. Die meisten von ihnen seien bereits in Rente und würden sich hier engagieren, weil ihnen eine sinnvolle Tätigkeit und nachhaltige Produkte wichtig seien.Auch deshalb bleibt Strauß optimistisch, dass der Weltladen sich auch weiterhin über Wasser halten kann. Drei Tage lang wollen sie jetzt noch renovieren. Dann begrüßt die orangefarbene Tür wieder alte und neue Kundschaft.

Die JONA ist das Journalismus-Stipendium

Wir bilden Euch zu Journalisten aus – und das neben dem Studium! Bewirb Dich um ein Stipendium der Journalistischen Nachwuchsförderung der KAS. Derzeit fördern wir etwa 100 Stipendiatinnen und Stipendiaten aus ganz Deutschland. Diese können an tollen Journalismus-Seminaren teilnehmen und werden zusätzlich sogar finanziell gefördert. Infos zur Bewerbung findest Du auf unserer Seite und auf Instagram.

Mehr erfahren