Ein Stück Sizilien in Neukölln

Im “naniS” servieren zwei Schwestern nicht nur Arancini und Eis, sondern auch Erinnerungen, Wärme – und einen Traum, der weiterlebt.

Der Eisportionierer klackt, die Kühltheke surrt. Hinter der Theke unterhalten sich die Schwestern Gisella und Venerina Sciuto auf Italienisch und lachen. Venerina reicht einem Kunden eine Kugel Mangoeis. „naniS“ steht auf ihrem Shirt, darunter ein Herz in den Farben Italiens. Dumpfe Geräusche dringen aus der Küche. „Möchten Sie einen Keks?“, fragt sie und greift zur Tupperdose. Die Türen des Lokals stehen offen, Wind weht durch die Allee, die Sonnenschirme flattern. Es riecht nach Tomaten und Kaffee. Die Schwestern bedienen mit Lebensfreude, umgeben vom Duft sizilianischer Tradition.

Das „naniS“ in Berlin-Neukölln serviert hausgemachte sizilianische Speisen: Arancini, frische Bandnudeln, Eis. Atmosphäre und Essen sollen hier sein „wie bei Mamma in Sizilien“. Für Gisella und Venerina ist dieses familiäre Gefühl zentral. Kleine Dinge wie der Fischfreitag – eine katholische Tradition – machen für sie Heimat aus. Konkurrenzdenken zu den anderen Italienern im Kiez gibt es nicht. Sie sind stolz auf das, was sie haben, sagen sie. Es ist noch nicht lange her, dass die Schwestern Gisella und Venerina das „naniS“ eröffnet haben. Zum Gründer-Trio gehört außerdem Venerinas Schwägerin. Den Traum vom eigenen Restaurant gab es in der Familie schon lange – auch bei Venerinas verstorbenem Partner Sinan. Ihm ist das Restaurant gewidmet. Nach seinem Tod erfüllten die drei Frauen sich und ihm den Wunsch vom eigenen Lokal. Der Name „naniS“ ist nicht zufällig gewählt, er ist „Sinan“ rückwärts. „Nanis heißt auf Italienisch auch Zwerge – und wir sind ja nicht so groß“, lacht Venerina. Sinan soll hier weiterleben – im Namen, im Logo, im Herzen des Ladens. Seit zwei Monaten gibt es nun ihr kleines Stück Italien mitten in Berlin. Sie stehen vor der Frage: Wird das hier auf Dauer funktionieren?

„Ich bin wieder da!“, ruft da eine Mitarbeiterin der Stadtreinigung. Venerina begrüßt sie herzlich, stellt Kaffee bereit. Die Tassen klirren, der Rauch von Zigaretten mischt sich mit Kaffeeduft. „Seid ihr das da? Ich glaube, ihr werdet abgeschleppt!“, ruft Venerina und deutet auf einen Wagen. „Nee, die Polizei ignoriert uns“, entgegnet die Frau lachend.

Draußen laufen Passanten vorbei. „Hey, lange nicht gesehen!“, ruft Venerina. Stammkunden, Italien-Liebhaber – es sind Menschen, die sich hier im „naniS“ zuhause fühlen. Für die Schwestern ist das entscheidend. In einem Kiez voller Hipstercafés wollen sie ihre Preise fair halten. Trotz Inflation. „Wenn man nichts riskiert, ist das Leben schon vorbei“, sagt Gisella. Fast zwei Jahre dauerte die Suche nach Räumen – kurz bevor sie aufgeben wollten, fand sich der jetzige Laden. Neben Stammkunden kommen viele Leute spontan vorbei, angezogen von den grünen Kreidetafeln und Sonnenschirmen. Werbung gibt es fast nur über Mundpropaganda. Mal läuft Pizza besser, mal Arancini.

Einige Gäste verabschieden sich, neue kommen. Venerina springt auf, schlägt Gerichte vor. Nach einem Jahr „Testphase“ will sie mit ihren Geschäftspartnerinnen im Winter das Angebot erweitern. Eis läuft im Sommer gut, fällt im Winter aber weg. Geplant sind dann Catering, Raumvermietung für Geburtstage, vielleicht ein Pizzabäcker, eine größere Küche, mehr Gemütlichkeit. Auch die App „Too Good To Go“ ist im Gespräch, um Reste nachhaltiger zu verwerten. Das „naniS“ will nicht nur ein Restaurant sein, sondern auch Erinnerung, Sehnsucht, Neuanfang. Für Sizilien. Und für Sinan.

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