Der Lampenliebhaber

Olaf Bornemann verkauft und repariert alte Lampen in Berlin. Wie hält sich sein kleiner Laden im sonst so modernen Prenzlauer Berg?

Vor dem Laden im Berliner Norden stehen kleine Beistelltische, überladen mit Schreib- und Nachttischlampen, ein Vorgeschmack auf den engen Verkaufsraum. Dort hängt an jedem freien Fleck der Decke eine Lampe. Die Schirme sind aus Messing und Keramik. Auch geblasene Glaskugeln umfassen die Glühbirnenfassungen. Ein schmaler Gang drängt sich durch den Laden. Die Wände sind voller einfacher Regale, die unter der Masse an kleineren Lampen darauf beinahe zusammenzubrechen scheinen. Inmitten dieses wahrgewordenen Wimmelbildes steht Olaf Bornemann. Dies ist seine Welt, dies ist seine Lampenmanufaktur.

Bornemann ist im Jahr 1999 nach Berlin gekommen. Er zog in eine Altbauwohnung, in der nur nackte Glühbirnen von der Decke hingen. Sein Wunsch: diese Birnen mit typischen altberliner Messinglampen ersetzen. Doch eine fertige Lampe war zu teuer. Also wurde Bornemann kreativ. Er bestellte sich Messing aus der Türkei, Glühbirnen aus Deutschland und fing an, eine eigene Lampe zu bauen. So lernte er das Handwerk und eröffnete 2003 die Lampenmanufaktur im Kollwitzkiez. Hier verkauft und repariert er seitdem alte Lampen. Doch der Laden hat mit Problemen zu kämpfen.

Eine der größten Herausforderungen: Die Zukunft sichern. Zwar gibt es für Bornemann einen Nachfolger, jedoch fürchtet er, dass der Vermieter dann die Miete so stark anheben wird, dass sie unbezahlbar wird. Im Viertel hätten deshalb bereits mehrere Läden dicht machen müssen. Doch Umziehen ist für den Lampenladen keine Option. Denn Bornemann meint: „Austauschbar ist der Laden nicht.“

Trotzdem bleibt er optimistisch. Er stünde nicht in dichter Konkurrenz mit großen Möbelhäusern wie „IKEA“. Im Gegenteil: Bornemann schätzt das schwedische Möbelhaus für das Preis-Leistungs-Verhältnis. Außerdem hätten viele ältere „IKEA“-Lampen einen Sammlerwert und würden nach einiger Zeit auch bei ihm im Laden auftauchen. Sein Lampenladen verkaufe nicht von der Stange, erklärt Bornemann. Das wüssten seine Kunden zu schätzen.

Da betritt ein Herr um die 80 den Laden. Er möchte eine Stehlampe von der Reparatur abholen. Bornemann begrüßt ihn wie einen alten Freund und macht sich auf den Weg zur Werkstatt im hinteren Teil des Ladens. Hier hinten ist es noch enger als im Verkaufsraum, es ist schwer, sich um die eigene Achse zu drehen, ohne eine der unzähligen Glühbirnenfassungen aus dem Regal zu stoßen. Bornemann bewegt sich mühelos durch dieses Meer an Ersatzteilen und holt für den Kunden die Stehlampe nach vorne. Währenddessen hat der Kunde einen Lampenschirm entdeckt, den er kaufen möchte. Nach einem kurzen Ausflug zum nahegelegenen Geldautomaten hat er dann auch genügend Bargeld, um beides zu bezahlen. „Frisches Geld aus dem Banküberfall“, witzelt der Inhaber Bornemann. Der Kunde lacht.

Eine weitere Kundin Mitte 30 betritt den Laden. Sie fragt nach einer speziellen Glühbirne. Auch da kann Bornemann helfen. Er greift in eine der unzähligen Boxen und zieht die passende Glühbirne heraus. Sie freut sich. Im Anschluss verstaut die Kundin das kleine Paket sorgfältig in ihrem Fahrradkorb.Wie blickt Bornemann auf die Zukunft seines Ladens? Nüchtern. „Wir werden sehen, was kommt“, sagt er. Alles hänge davon ab, ob der Vermieter den Preis anheben wird. Und seine persönliche Zukunft? Bornemann würde sich freuen, wenn die Übernahme klappt, dann würde er nur noch zwei Tage in der Woche für ein „Taschengeld“ hier arbeiten. Wenn er auf sein Leben zurückblicke, sagt er, hätte er zwar in seinem alten Job als Bauleiter mehr verdient, aber jetzt im Lampenladen, das sei „das schönere Leben.“

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