Bei ihm waren es früher drei Euro fünfzig

Auf Social Media fordern Menschen mal mehr, mal weniger Ernst eine „Dönerpreisbremse“. Jihad macht seit 34 Jahren Kebabs – und versucht, sie bezahlbar zu halten.

Gurke, Tomate und Zwiebel ins Brot, Fleisch rein, Papier drum – fertig. Der Koch Jihad reicht den Döner über die Theke und bekommt dafür fünf Euro zurück. Ein Schawarma-Spieß dreht sich langsam in der Ecke, aus den Boxen dudelt orientalische Musik. Bei „Habibi“ im Nollendorfkiez werden seit 34 Jahren Kebabs verkauft. Es ist einer der wenigen Läden in Berlin, die noch Falafel und Schawarma für fünf Euro anbieten. Eine Besonderheit in der Hauptstadt, wo der durchschnittliche Dönerpreis laut der Tagesschau bei mittlerweile über sieben Euro liegt.

Jihad wurde im Libanon geboren und arbeitet schon seit 1990 hier bei Habibi. Er kennt nicht nur den Kiez in und auswendig, sondern auch noch die Zeiten des bezahlbaren Döners. „Dieses Café da drüben“, Jihad zeigt auf die andere Straßenseite, „bei ihm waren es früher drei Euro fünfzig, jetzt verkauft er für sechs Euro.“ Im Vergleich zu umliegenden Läden, in denen Döner und Dürüm für bis zu acht Euro verkauft wird, scheint selbst das noch halbwegs günstig.

Schon seit längerer Zeit wurde in der öffentlichen Debatte – mal mehr, mal weniger ernst – der Ruf nach der sogenannten „Dönerpreisbremse“ laut. „Olaf, mach Döner drei Euro bitte, bitte“, wird selbst der Bundeskanzler so oder ähnlich besonders von jungen Leuten auf TikTok gebeten. In einem Papier aus dem Parteivorstand forderte die Partei Die Linke laut Stern und Berliner Zeitung zu Beginn des Jahres eine Preisobergrenze von vier Euro neunzig. Für junge Leute solle der Döner sogar nicht mehr als zwei Euro fünfzig kosten. Doch Jihad zweifelt an der Umsetzbarkeit dieser letzten Forderung. Ohne Subventionen seien zwei Euro fünfzig pro Döner für das Restaurant einfach nicht tragbar. Ohnehin bewegten sie sich schon manchmal im Minus. Das nehme man aber in Kauf, um die Stammkunden zu halten.

Für eine Dönerpreisbremse sei er trotzdem. „Sechs Euro ist okay“, angesichts der Inflation. Neben Energie, Gas, Strom und Ladenmiete sind nicht nur die Löhne, sondern auch die Gemüse- und Fleischpreise stark gestiegen. „Früher wars so: Du kaufst so vier Kilo Hühnchenkeule für fünf bis sechs Euro”, erzählt er. „Jetzt kostet ein Kilo schon über drei Euro fünfzig.“

Gegen 13 Uhr hat sich vor dem Laden eine kleine Schlange gebildet, die von der Theke bis nach draußen reicht. Trotz steigender Lebenskosten – oder gerade deshalb – bleibt der Döner beliebt. Eine Frau mit Kinderwagen wartet auf ihre Bestellung. Draußen trinken zwei ältere Frauen Ayran. An ihnen vorbei trägt eine Dreijährige einen Döner hinaus, der fast so groß ist, wie ihr Kopf.

Jihad geht davon aus, dass der Döner sich nicht zum Exklusiv-Essen für Touristen und Reiche entwickelt. Falls Miete, Lebensmittel und Energie noch teurer werden, könnte es allerdings schwierig werden, die Fünf-Euro-Preisbremse zu halten. „Wenn du immer nur minus machst, was dann?“, sagt er und beginnt, einen neuen Falafelteller anzurichten.

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