Zwischen Harleys und Chihuahuas
Zwischen Harleys und Chihuahuas
Motorräder, Chihuahuas und Zimtduft: Nadja Riemensperger betreibt eine Harley-Werkstatt und möchte mit Vorurteilen aufräumen. Wie sieht es hinter den Biker-Kulissen aus?
Klick, klack. Klick, klack. An einem der in einer Reihe aufgestellten Harleys im Eingangsbereich der Kölner Werkstatt zieht ein junger Mann die Schrauben nach. Ein großer, kräftiger Mann nippt an seiner schwarz-gelben Kaffeetasse. Die blau-graue Sweatjacke mit der Aufschrift „Harley Davidson“ bedeckt einen Großteil der zahlreichen Tattoos. Schräg gegenüber sitzt eine Frau. Braune Locken, ein breites Grinsen. Der Mann summt vor sich hin, schaut zur Frau, blickt zu Boden. Die Französische Bulldogge und der Hellere von zwei Chihuahuas tapsen zwischen den mächtigen Bikes umher. Am Empfang steht Gebäck. Es riecht nach Zimt.
Nadja Riemensperger – die Frau mit dem gelockten Haar – ist 52 Jahre alt. Zusammen mit ihrem Ehemann und dem gemeinsamen Sohn betreibt sie die Harley-Davidson-Werkstatt seit 1992. Sie macht Kostenvoranschläge, kümmert sich um den „Papierkram“ und ist „für Ihre Kunden da“, wie sie erklärt. Nadja Riemensperger ist “die gute Seele des Hauses” und “das Mädchen für alles”. Doch es sind die vielen Vorurteile gegenüber Bikern, die sie belasten.
Eine kriminelle Vergangenheit, gewaltbereite Personen, heulende Motoren. Das sei es, was die Leute sich vorstellen, wenn sie an Bike-Liebhaber denken. „Das schafft häufig eine gewisse Distanz“, erläutert sie.
Vor einigen Wochen hatte ein Familienvater seine Tochter im kunterbunten Pop-Up Museum nebenan abgesetzt und sich langsam an das Schaufenster des Ladens herangetastet. Auf ein „Wollen Sie reinkommen?“ schüttelte der Mann nur energisch den Kopf und wich einige Schritte zurück. „Berührungsängste“, das ist es, was der größte Teil der Bevölkerung Menschen wie Nadja Riemensperger und Ihrer Familie gegenüber hat. „Dabei ist in unserer Werkstatt wirklich jeder willkommen“, stellt sie klar, während ihre Mundwinkel nach oben schnellen.
Sie streicht sich eine braune Locke aus dem Gesicht und schaut zu dem Hund „Ach Helmut!“. Ihre rechte Hand greift zögernd zu einer mit einem Totenkopf verzierten, kleinen Metalldose. Zügig nimmt sie sich eines der bunten Bonbons heraus. Das schwarze Shirt bedeckt einen Teil des Tattoos an ihrem Unterarm. “Ich finde es wichtig, dass Menschen in Not geholfen wird”, sagt Nadja Riemensperger. Sie selbst hat sich monatelang um ukrainische Flüchtlinge gekümmert. „Sie sind jetzt wieder zurück in ihrer Heimat. Das war ihr eigener Wunsch. Wir schreiben uns immer noch häufig“, erklärt sie.
Klick, klack. Klick, klack tönt es aus der Werkstatt. Sie blickt zu dem jungen Mann, der immer noch an dem Motorrad werkelt. “Die Motorräder sind mehr als nur ein Hobby, sie sind ein Lifestyle“, sagt sie und lächelt. “Die Jungs bringen nicht nur ihre Harleys zur Reparatur. Sie schalten von ihrem Alltag ab, trinken Kaffee, erzählen aus ihrem Leben. Sie sind längst nicht mehr nur Kunden, für mich sind sie Familie.“